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Enquete-Kommission: CDU will mitarbeiten

Die CDU will in der Enquete-Kommission über die zukünftige Schulstruktur nun aktiv mitarbeiten. Eigentlich sei der Partei die von SPD und GAL beantragte Kommission zu bürokratisch gewesen, sagte Robert Heinemann, der schulpolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, in einer Diskussion, die der Elternverein in der Gesamtschule Winterhude veranstaltete. „Wir hatten uns vorgestellt, dass man das auch schneller lösen könnte.“

Die Christdemokraten hatten bisher eine Gesprächsrunde unter der Leitung von Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig (CDU) bevorzugt. Die Opposition wollte sich aber nur in der von der Bürgerschaft legitimierten Kommission einbringen. Neun Sachverständige und acht Abgeordnete sollen ein Jahr Zeit haben, um Verbesserungen im Schulsystem zu erreichen.

„Wir werden in die Kommission ergebnisoffen reingehen“, sagte Heinemann. „Es gibt von uns bisher kein festes Konzept.“ Nach dem schwachen Abschneiden Hamburgs bei der zweiten PISA-Studie müsse man sich Gedanken machen, ob die Fünfgliedrigkeit noch richtig sei. „Wir können uns vorstellen, zweigliedrig zu werden.“ Ihm schwebt ein ähnliches Modell wie in Sachsen vor. Dort bestehen in den Klassen fünf bis zehn Gymnasien sowie eine Regel- oder Mittelschule. Für die Hauptschule wäre dies das Aus.

„Ich finde es sehr bemerkenswert, wenn Konservative sich in eine Strukturdebatte stürzen wollen“, sagte Britta Ernst, schulpolitische Sprecherin der SPD. Die Bereitschaft der CDU und die Enquete-Kommission seien eine Chance. Die GAL-Fraktionsvorsitzende Christa Goetsch fand den „Sinneswandel in der CDU“ gut, betonte aber auch ihre Skepsis: „In Sachsen gibt es eine andere soziokulturelle Zusammensetzung als in Hamburg.“ Goetsch forderte die rund 100 Zuhörer zur Mitarbeit auf. „Das Gute ist: Die Enquete-Kommission ist öffentlich. Kommen Sie alle!“

woh

Hamburger Abendblatt, 16.12.2005

Quelle: http://www.abendblatt.de/daten/2005/12/16/514157.html

 

 

Attraktive zweite Säule

Elternverein lud zur Diskussion über zweigliedrige Schule. Einigkeit von CDU bis GAL: Die neue Mittelschule müsste auch direkt zum Abitur führen

Von Kaija Kutter

Am Ende der abendfüllenden Debatte, in der CDU-Schulpolitiker Robert Heinemann keinen leichten Stand hatte, war Gastgeberin Karin Medrow-Struß ganz lieb. „Ich finde, sie sind mutig“, sagte die Vorsitzende des Elternvereins, die zur Diskussion über Vor- und Nachteile eines zweigliedrigen Schulsystems in die Gesamtschule Winterhude eingeladen hatte.

Heinemann hatte nach dem schlechten PISA-Länderergebnis für Hamburg laut darüber nachgedacht, die Hauptschule abzuschaffen und nach sächsischem Vorbild ein zweigliedriges Schulsystem aus Gymnasium und Mittelschule einzuführen. Damit würde aber, das räumte er im November ganz offen in einem Interview mit der taz ein, auch die Gesamtschule „abgeschafft“, die in Hamburg jedes dritte Kind besucht.

Kein Wunder also, dass die Gesamtschulszene um ihre Existenz fürchtet. Nach Heinemanns Vorstellungen soll es der neuen Schule freigestellt sein, ob sie die Schüler nach Leistung getrennt oder in gemeinsamen Kursen unterrichtet. Eine Vorgabe, mit der im Prinzip auch die alten Gesamtschulen weiterleben könnten, wenn auch unter neuem Label. Doch der Teufel steckt im Detail. Die Hälfte aller Gesamtschulen hätte heute schon keine Oberstufe und sei deswegen ja schon „eine Mittelschule“, sagte Heinemann und erntete heftigen Widerspruch.

Denn die heutige Gesamtschule ist auch anwählbar für Kinder mit Gymnasialempfehlung und hat entsprechende Kurse, die zur Oberstufe führen. Und anders als Gymnasien, die reihenweise Kinder wegschicken, verhilft diese Schulform wie keine andere nicht für das Gymnasium Empfohlenen zum Abitur.

Die Gesamtschulen bräuchten keinen „Schutz der Politiker“, hätten „keinen Anlass, wenig selbstbewusst in die Debatte zu gehen“, sagte denn auch SPD-Politikerin Britta Ernst. Ihr Ziel sei, mit einer Reform die Gruppe der Risikoschüler zu mindern und das Bildungsniveau insgesamt zu steigern. Dabei müsse man sich „in der Tat von der Bezeichnung lösen“. Ernst: „Man kommt nicht zu einer neuen Schulform, wenn einer gewinnt und alle anderen matt am Boden liegen.“

Doch den Eltern im Publikum kam es auf die Bezeichnung gar nicht an, sondern darauf, dass die „zweite Säule“ im neuen System direkt zum Abitur führt. „Was planen sie wirklich? Wollen sie ein Elitegymnasium mit Aufnahmeprüfung?“, fragte eine besorgte Mutter den CDU-Politiker. Heinemann verneinte, so viele „Hintergedanken“ habe er nicht, und bejahte ausdrücklich die angemahnte Abitur-Option.

Doch die „Krux“ sei, so warnte GAL-Schulpolitikerin Christa Goetsch, dass man auch die Eltern der gymnasialempfohlenen Kinder überzeugen müsste, dort anzumelden. Goetsch: „Die zweite Säule muss so attraktiv sein, dass sich die Eltern darum reißen.“ Die GALierin sieht in dem Zwei-Säulen-System noch weitere „Strukturfallen“.

So bleibt das Problem der zu frühen Aufteilung der Kinder nach Klasse vier. Auch gibt es in Gesamtschulkreisen die Befürchtung, dass das Gymnasium weiter Kinder zur zweiten Säule abschiebt und diese eine „Restschule“ wird. Eine Lösung wäre, sich vom „Fetisch der Durchlässigkeit zu verabschieden“, wie ein Redner forderte, und so Gymnasium wie Mittelschule zu zwingen, ihre Schüler bestmöglich zu fördern.

Die Lösung für all diese Fragen wird ab Februar in der Enquete-Kommission zur Schulstruktur erörtert werden, die nach anfänglichen Widerständen auch von Heinemann als „entscheidendes Gremium“ akzeptiert wird. Sie werde, kündigte Medrow-Struß an, die Kommission „mit Argusaugen“ verfolgen: „Alleine brezelt ihr Politiker das nicht aus.“

taz Hamburg Nr. 7847 vom 16.12.2005, Seite 22, 127 Zeilen (TAZ-Bericht), Kaija Kutter

Quelle: http://www.taz.de/pt/2005/12/16/a0020.nf/text.ges,1

 

 

 

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