Aussetzung der aktuellen Schulzeitverkürzung an den Gymnasien

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40 und mehr Argumente begründen den derzeitigen Appell an alle Bildungspolitiker zur "Aussetzung der aktuellen Schulzeitverkürzung an den Gymnasien"!
- Zwischenbilannz und Reaktionen -

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

zu ihrer Kenntnisnahme noch einige Anmerkungen und Informationen zu dem bekannten Thema:

Zusammenfassend ist die Resonanz auf den Appell zur "Aussetzung der Schulzeitverkürzung" recht beeindruckend und stimmt entsprechend nachdenklich. Alle Mitbürger, die den Appell inzwischen gelesen haben, sind der Meinung, dass gerade der geschilderte Gesamtzusammenhang verdeutlicht, wie unverantwortlich die jetzige Umsetzung der Schulzeitverkürzung ist.

Immer wieder wird nach Unterschriftenlisten gefragt – auch von denen, die nur von dem Appell wissen und noch nicht einmal die Begründung gelesen haben. Es wurde sogar der Vorschlag zur Beantragung eines Volksbegehrens geäußert.

Selbst mehrfache Mütter mit kleineren Kindern wären bereit, für dieses Anliegen auf die Straße zu gehen und in ihrem Stadtteil die dafür benötigten Unterschriften zu sammeln.

Leider übersteigt dieser erforderliche Rahmen inzwischen meine Kapazitäten und Möglichkeiten. Allein vom Zeitaufwand her bin ich kaum noch dazu in der Lage alle erforderlichen und zeitaufwändigen Gespräche zu führen, zuzüglich die gewünschten E-Mails zu verschicken und das wiederholte Verteilen des doch umfangreichen Schriftstücks (zur oben genannten Problematik) zu organisieren.

Der parteiübergreifende Elternverein Hamburg e.V. übernimmt jetzt die weitere Organisation und wird u.a. den kompletten Appell veröffentlichen; unter www.elternverein-hamburg.de

Es wäre also wirklich wünschenswert, eine breitere Öffentlichkeit herstellen zu können, um so über eine bessere Aufklärung und Transparenz dieser Problematik eine erweiterte Sensibilisierung in allen Bereichen der Bevölkerung herstellen zu können.

Die Verunsicherung, Hilflosigkeit, Ratlosigkeit, Ohnmacht aber auch Wut vieler Eltern und Erziehungsberechtigter, Lehrer, Pädagogen, Trainer ... waren schließlich überhaupt der Auslöser dafür, dass ich diesen Brief aufgesetzt habe. Dabei ist es der Versuch, möglichst alle Hinweise und Kritikpunkte in einem Schreiben zusammenzufassen, so dass die Argumente in diesem Appell (fast) für jeden Menschen nachvollziehbar sind. Wissenschaftliche Studien zu dieser umfassenden Thematik gibt es ja genug!

Im Vorwege der Erarbeitung dieses Appells hieß es immer wieder von verschiedensten Seiten: Wie kann man diesen Wahnsinn stoppen - was kann man dagegen tun - wo bleibt der Bezug zur Basis und zur Realität - wieso hat keiner uns Eltern in die Planung mit einbezogen, geschweige denn gefragt - weiß von den verantwortlichen Politikern überhaupt noch jemand, was das derzeit für die Haushalte mit Kindern bedeutet - warum müssen unsere Kinder im Moment teilweise unter (macht-) politischen Entscheidungen leiden - kein Betrieb würde bei den derartigen Missständen eine Umstrukturisierung wagen, warum macht man diese Experimente mit unseren Kindern...?
Fragen über Fragen von besorgten Erziehungsberechtigten, aber auch Pädagogen!

In diesem Zusammenhang noch eine weitere Information zum Thema "Chancengleichheit": Dass bei der Gymnasialempfehlung der Grundschullehrer zumindest der Bildungshintergrund der Eltern und der Familienstatus eine gewisse Rolle spielen, ist bekannt, wobei häufig ergänzend auch der finanzielle Rahmen dieser Familien entsprechend gut ist.

Inzwischen ist es aber sogar so weit, dass Grundschullehrer zunehmend ihre Empfehlung auf eine Gesamt-, Haupt- und/oder Realschulempfehlung mit dem Hinweis begrenzen, dass das Kind höchstwahrscheinlich ein Abitur schaffen wird - aber nicht mehr am Gymnasien mit der jetzigen Schulzeitverkürzung ohne pädagogische Konzepte, sondern in den 9 Jahren an einer Gesamtschule!

In der Konsequenz kann dieses als eine positive Entwicklung für die Zusammensetzung der Gesamtschulkinder gesehen werden, da dadurch inzwischen zunehmend mehr Leistungsträger dort angemeldet werden. Da aber derzeit die komplette Ausrichtung in der Bildungspolitik relativ einseitig zu Lasten dieser Zielgruppe geht, muss dieses entsprechend dringend hinterfragt und folgerichtig verändert werden.

Beim jetzigen "Rohkonzept" der Schulzeitverkürzung bedeutet es langfristig, dass wir durch diese derartige Form eine bereits (größtenteils) schon privilegierte Schülergruppe zusätzlich verstärkt weiter fördern. Die enormen Kürzungen und damit Verschlechterungen im gesamten Bildungsbereich treffen zwar alle Schüler, aber diese Belastung wirkt sich demzufolge verstärkt in allen anderen Schulformen aus - was schließlich zusätzlich eine weitere Entsolidarisierung der gesamten Schüler zur Folge hat.

Gerade die bis vor kurzem geplante Umwandlung aller Gymnasien zu Ganztagsschulen geht einseitig zu Lasten der Mehrheit der anderen Schüler.
Das kann es doch nun wirklich nicht sein!!!

Bereits jetzt hat diese Praxis zur Folge, dass sich in der Regel mehr engagierte Eltern, mit einem durch Spenden höheren Aufkommen an Schulvereinsgeldern, an den hiesigen Gymnasien zusammenfinden. Bei den Gesamtschulen erfolgt noch eine gewisse Mischung in der Elternzusammensetzung, während sich an den Haupt- und Realschulen kaum noch Elternvertreter engagieren. Diese letzte Gruppe hat auch größtenteils resigniert, insbesondere auch die Eltern der vielen Schulformwechsler.

Diese Situation spiegelt sich selbstverständlich auch im Alltag der unterschiedlichen Schulformen wider. Nicht die Kinder, die die derzeitigen Gymnasien durchlaufen, gehören primär zu einer der Problemgruppen in unserer Gesellschaft, sondern eher die, die an unserem derzeitigem Schulsystem scheitern. Die Folgeprobleme sind inzwischen gerade durch die verstärkte Form der Öffentlichkeitsarbeit, wie Presse und Medien, hinlänglich bekannt. Selbstverständlich finden wir in dieser Gruppe auch vermehrt die Schüler, die von Anfang an durch eine verschlechterte Ausgangsbasis (größtenteils durch ihren familiären Hintergrund) weniger Chancen haben.

Diese Erkenntnisse sind alle nicht neu, und deshalb ist es um so erschreckender, was jetzt hier in Hamburg geschieht. Bereits vor fast 30 Jahren gab es ein beeindruckendes Buch von einen Pädagogen mit dem Titel "Dummheit ist lernbar", was in diesem Gesamtzusammenhang erwähnt werden sollte.

Viele Themen aus dem "Appell" wurden in den letzten Jahren ergänzend zu den bekannten Studien, Untersuchungen und Büchern u. a. auch in der Zeitschrift der Schulbehörde "Hamburg macht Schule" ausführlich erörtert. Demzufolge sind auch der Schulbehörde seit langem alle Probleme hinreichend bekannt.

Es ist wirklich erstaunlich, dass diese jetzige unverantwortliche "Sparpolitik" einschließlich der aktuellen Schulzeitverkürzung trotzdem in dieser Form eingeführt worden ist. Eine zeitliche Verkürzung der Schulzeit, also der Quantität, kann man sich nur leisten, wenn die Qualität stimmt!

Dass es bisher kaum Proteste gegen die Schulzeitverkürzung gegeben hat, liegt u.a. an den vielen Problemen, mit denen sich die zunehmend weniger Erziehungsberechtigten konfrontiert sehen. Schon seit Jahren versuchen engagierte Eltern die Mißstände in den Schulen auszugleichen, wobei diese Gruppe verstärkt in den Grundschulen und den Gymnasien zu finden ist.

Eltern versorgen, kochen, putzen, nähen, streichen, begleiten und unterrichten oder beaufsichtigen sogar teilweise in den Schulen. Sie bilden gemeinsam mit Lehrern und Schülern Arbeitsgruppen, kümmern sich mit um die Stärkung des Sozialverhaltens, engagieren sich gegen den Unterrichtsausfall, außerdem gegen den verstärkten Diebstahl und die Zerstörungen ... aber sie sollen möglichst nicht die Missstände und Fehlplanungen der Schulbehörde öffentlich anprangern.

Wenn man in diesem Gesamtzusammenhang zusätzlich weiß, dass bei der geringen Anzahl der Haushalte mit Kindern von nur noch knapp 19% alle gesellschaftlichen Gruppen enthalten sind, erhält diese Erkenntnis eine besondere Brisanz.

Spätestens jetzt sollten von allen verantwortlichen Politikern die folgerichtigen Konsequenzen gezogen werden. Eigentlich wäre die Erarbeitung eines durchgängigen und aufeinander abgestimmten Gesamtkonzeptes wünschenswert - und das u.a. unter Einbeziehung der Aspekte aus der Familien-, Sozial-, Gesundheits-, Erziehungs- und Bildungspolitik.

Vielleicht sind in meinen Schreiben einige auch für Sie interessante Anregungen enthalten.

Für Rückfragen stehe ich (fast) jederzeit gerne zur Verfügung!

Mit freundlichen Grüßen
und vielen Dank (im Vorwege) für etwaige Bemühungen
im Sinne einer Zukunftssicherung für unsere Kinder
Edda Georgi

 

Der Appell

 

 

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